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Die Masche mit der Flasche Dieser Flaschenpfand-Trick kostet den Steuerzahler Millionen

Der Flaschenpfand bei Einwegflaschen lockt Betrüger und kostet den Steuerzahler jährlich bis zu 40 Millionen Euro. 
Der Flaschenpfand bei Einwegflaschen lockt Betrüger und kostet den Steuerzahler jährlich bis zu 40 Millionen Euro. 
© Picture Alliance
Wer im Großhandel Einwegflaschen kauft, zahlt auch auf das Flaschenpfand Mehrwertsteuer. Im Einzelhandel hingegen nicht. Diese Regelung nutzen Betrüger aus - und der Millionenschaden entsteht dem Steuerzahler. 
Von Jens Brambusch

Wer Wasser in Einwegflaschen kauft, entdeckt spätestens an der Kasse die größte Absurdität des Pfandsystems. Denn nicht nur Discounter verhökern inzwischen die 1,5-Liter-Flasche zu weniger als 20 Cent – längst haben andere Supermärkte beim Preis nachgezogen. Doch absurd ist nicht der Warenpreis,  sondern das Pfand. Denn für Einwegflaschen werden 25 Cent fällig – mehr, als für das Produkt selbst.

Seit das Flaschenpfand in seiner heutigen Form 2003 eingeführt wurde, ist das Gestöhne über das System groß. Das Ziel, Verbraucher zu Mehrwegkäufern zu machen, hat das Pfand nicht erreicht. Doch nun zeigt eine Recherchen des Wirtschaftsmagazins "Capital", dass das System nicht nur ineffektiv ist – sondern durch eine Lücke Millionenschäden verursacht: Durch einen Trick im Pfandsystem blechen die Steuerzahler jährlich bis zu 40 Millionen Euro für den Betrug am System.

Und dieser Kniff funktioniert so: Wer im Einzelhandel Wasser in einer Einwegflasche kauft, zahlt 25 Cent Pfand. Den bekommt er zurück, wenn er die Flasche wieder abgibt. Die Mehrwertsteuer wird hier nicht fällig. Im Großhandel jedoch wird die Mehrwertsteuer auch auf Pfand berechnet: Zu den 25 Cent kommen so noch einmal 5 Cent dazu, auf insgesamt 30 Cent beläuft sich also der Pfand im Großhandel. So regelt es das Gesetz. Pfennigfuchser haben in dieser unterschiedlichen Besteuerung eine Möglichkeit zum Geldverdienen gefunden. Denn wer nun im Einzelhandel eine Flasche (zu 25 Cent Pfand) kauft und im Großhandel (zu 30 Cent Pfand) abgibt, macht 5 Cent Gewinn. Per Gesetz sind die Händler verpflichtet, jede Einwegpfandflasche anzunehmen. Egal wo sie gekauft wurde. Dem Großhandel entsteht dadurch kein Schaden, denn die Mehrwertsteuer wird mit dem Fiskus verrechnet. So finanziert am Ende der Steuerzahler die Masche der Flaschensammler.

Clans mit Spezialgebiet Flaschensammeln

Wer das Modell im großen Stil betreibt, macht satte Gewinne. In Berlin hat sich bereits ein Clan darauf spezialisiert, das Leergut von Kiosken, Kneipen und Restaurants abzuholen – und zahlt den Besitzern das im Einzelhandel übliche Pfand. Denn dort kaufen die meist ein, weil der Discounter oft der billigste Markt ist. Abgegeben wird das Leergut aber im Großhandel.

"70 bis 80 Prozent aller zurückgenommenen Einwegflaschen stammen mittlerweile aus dem Einzelhandel", sagte ein Metro-Mitarbeiter aus Berlin gegenüber "Capital". Teilweise kämen Leergutlieferungen mit bis zu 5000 Flaschen. Und das mehrmals am Tag. Der Anteil dürfte sogar noch steigen, denn immer mehr Marken wie Coca-Cola setzen verstärkt auf Einwegflaschen. Und nicht nur Clans wie in Berlin bereichern sich an der Mehrwertsteuer. Jeder, der einen Großhandelsausweis besitzt – Gewerbetreibende, Selbstständige und Freiberufler – kann sein Leergut im Großhandel eintauschen. Und so nutzen auch immer mehr Einzelpersonen den Trick.

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Der Deutschen Pfandsystem GmbH, kurz DPG, sei das Prinzip nicht bekannt gewesen, sagte Geschäftsführerin Verena Böttcher. Sie räumte jedoch ein, dass das skizzierte System funktioniere – und in der Tat zulasten des Steuerzahlers gehe. Bei der Einführung im Jahr 2003 sei "die Zeit sehr knapp" und der "politische Druck groß" gewesen. Die Strukturen seien sehr kompliziert und das Potenzial für Abzocke und Betrug gewaltig, sagt sie. Denn Pfandflaschen im Wert von 16 bis 18 Milliarden Euro zirkulierten in Deutschland. Nach Berechnungen von ‚Capital‘ dürfte sich der Schaden für den Fiskus auf bis zu 40 Millionen Euro im Jahr belaufen. "Das ist nicht einmal alles", sagte ein Metro-Mitarbeiter. Denn auch bei leeren Mehrwegflaschen funktioniere das Prinzip.

Mitarbeit: Katharina Grimm

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