Das Stadtmuseum Berlin bietet eine der größten kulturhistorischen Sammlungen Deutschlands. In diesem Jahr feiert die Stiftung ihr 20-jähriges Bestehen. Christian Mothes steht an ihrer Spitze.

Zeitreise durch Berlin gefällig? Dann nichts wie rein in die Museen der Stiftung Stadtmuseum Berlin. Im Märkischen Museum, im Ephraim Palais, in der Nikolaikirche und im Knoblauchhaus gibt es Berliner Kultur und Geschichte von der Ur- und Frühgeschichte bis in die Gegenwart. „Unser Generalthema ist natürlich Berlin – aber jedes unserer Häuser hat seinen eigenen Schwerpunkt“, sagt Christian Mothes. Er ist Vorstand und seit Mitte Januar kommissarischer Direktor der Stiftung, die in diesem Jahr ihr 20-jähriges Bestehen feiert. „In der Nikolaikirche geht es zum Beispiel um die Gründungsgeschichte Berlins, im Knoblauchhaus um das bürgerliche Berlin.“ Christian Mothes führt durch das Märkische Museum am Spreeufer, während er erzählt. Führt durch die „Gotische Kapelle“, den „Zunftsaal“ und die „Waffenhalle“. Verbindet mit seinen Worten das Hier und Jetzt mit dem Vergangenen. Genau wie die Stiftung.

4,5 Millionen Exponate

Der Stadtbaurat Ludwig Hoffmann errichtete das Märkische Museum am Köllnischen Park von 1899 bis 1908. Ein stadthistorisches Museum, das heute mit zahlreichen Objekten aus den verschiedensten Epochen und Perioden Berlin und das Leben in der Stadt auferstehen lässt. „Es gibt nichts, was wir hier nicht zeigen können“, sagt Christian Mothes. Er schätzt, dass die Stiftung 4,5 Millionen Exponate ihr Eigen nennt – jede noch so kleine Puppenstubentasse oder das gute Stofftaschentuch mitgerechnet. Allerdings befinden sich die meisten davon im Zentraldepot in Spandau. „Dort haben wir auch unsere Werkstätten, dort arbeiten unsere Restauratoren. Sogar eine eigene Stickstoffkammer für alte Textilien haben wir dort“, sagt Mothes. Viel zu zeigen haben sie also, er und seine 120 Mitarbeiter. Hier, am Köllnischen Park, und auch in den anderen Häusern der Stiftung. Bei so einem Vorrat geht die Vielfalt nicht so schnell aus.

Zu sehen ist diese an den verschiedenen Standorten: Im Ephraim-Palais läuft noch bis zum 28. Juni die große Sonderschau „West:Berlin – Eine Insel auf der Suche nach Festland“. Im Märkischen Museum erinnert eine Schau an den Pressefotografen Harry Croner (1903–1992), der 40 Jahre lang die Bühnen der Stadt und die Prominenz aus aller Welt, aus Politik und Kultur auf seinen Bildern festgehalten hat.

Zudem läuft im Märkischen Museum die Dauerausstellung „Hier ist Berlin!“, die zu einem Spaziergang durch Berliner Straßen und Viertel einlädt. Dabei erleben die Besucher, wie sich Berlin im Laufe der Jahrhunderte gewandelt hat. „Frag deine Stadt!“ ist speziell für Kinder, Jugendliche und Familien konzipiert. Dabei heißt es: Erkunde Natur und Kultur Berlins doch einfach mal selbst. Auch im Museumslabor ist Mitmachen mehr als erwünscht.

Das gilt auch und insbesondere am 23. Juni. Denn das ist der Tag, an dem die Stiftung mit allen Berlinern ihren Geburtstag feiern will. Mit freiem Eintritt in ihren Häusern. Schließlich sind Museen, die die Geschichte und Kultur Berlins zeigen, auch Orte, die durch die Menschen dieser Stadt lebendig werden. „Dem Zusammenschluss von historischen Museen aus ehemals Ost- und West-Berlin 1995 folgte eine wechselvolle Geschichte mit Expansion und Konzentration“, schreibt Christian Mothes in seinem Grußwort des aktuellen Programms. Am 23. Juni 1995 wurde die Stiftung also gegründet. „Seit Dezember 1995 bin ich schon dabei“, sagt Mothes. „Und nicht ganz unschuldig daran, dass es sie überhaupt gibt.“

„Wer kümmert sich um was?“

Christian Mothes ist Berliner, 62 Jahre alt, und er sagt, er habe „den ersten Kontakt zur Kultur auf seinem Gymnasium in Tiergarten“ bekommen. „Unser Kunstlehrer war Künstler und der ging mit uns in die Akademie der Künste.“ Mothes war beeindruckt. Nach dem Gymnasium schlug er dann aber doch einen anderen Weg ein. „Ich wollte eigentlich in den öffentlichen Dienst, bin dann aber in die öffentliche Verwaltung gegangen. Wegen meiner Freundin – also, meiner Frau“, sagt Christian Mothes und lacht.

Er ging in den Verwaltungsdienst, bei der Kulturverwaltung wollte ihn dann schon gleich während der Ausbildung keiner mehr gehen lassen. „Ich war dann schnell zuständig für Bildende Kunst und Museen.“ Da war wohl doch etwas von der Begeisterung des Kunstlehrers an ihm hängen geblieben. Ende der 70er-Jahre war er im Museumsreferat, befasste sich unter anderem mit der Frage: Was brauchen die Museen? Das ging so bis zum Jahr 1989. „Dann, in der Wendezeit kam natürlich die Frage auf. Wer kümmert sich nun um was?“, sagt Christian Mothes. Und fährt lachend fort: „So, der Herr Mothes kümmert sich mal um die Landesmuseen...!“ Und das machte er.

Eine Sanierung steht an

Das 1994 verabschiedete Museumsstiftungsgesetz – vorher waren die Museen entweder privat oder dem Senat zugeordnet – bildete dann die Basis für die Gründung der Stiftung Stadtmuseum Berlin im darauf folgenden Jahr. Und heute ist Christian Mothes ihr Direktor. Wenn auch kommissarisch. Für seine Vorgängerin Franziska Nentwig ist bisher keine Nachfolge gefunden worden. „Und ich bin ja eigentlich der Abteilungsdirektor der zentralen Dienste“, sagt Christian Mothes fast entschuldigend. Dieser „Zwischenzustand“ sei weder für die Belegschaft noch für die Institution gut.

Dabei gäbe es so viel zu tun. „Dieses Haus ist 40 Jahre nicht saniert worden“, sagt Christian Mothes. „Wir haben keinen Fahrstuhl, keine behindertengerechte Erschließung.“ Auch der Turm des Museums soll aktiviert werden. Die Frage ist nur: Wann? „Wir haben hier begrenzte Fläche und begrenzte Mittel“. Und dabei doch so viele Exponate, die gezeigt, und so viele Berliner Geschichten, die erzählt werden wollen.